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Dirk Schirok - Psychotherapie Duisburg

Opt-Out für die elektronische Patientenakte (ePA)

Weil die Digitalisierung im Gesundheitswesen von Ihnen weitgehend unbemerkt rasant voranschreitet, und die Gesundheitsminister Spahn und Lauterbach wörtlich verkündeten: “Datenschutz ist etwas für Gesunde!” und damit ganz zwanglos die DSGVO zur Nebensache erklärten, möchte ich Sie hiermit gern für ein paar Punkte sensibilisieren und ein paar Fragen in den Raum stellen:

1. Bedeutet es Ihnen wirklich nichts, dass Ihre Gesundheitsdaten, d.h. auch die Informationen über Ihre psychischen Gesundheitsstörungen einschließlich der therapeutischen Dokumentation künftig von allen Firmen, Personen und Institutionen genutzt und ausgewertet werden können, die über die entsprechenden technischen Möglichkeiten verfügen?

2. Ist es Ihnen tatsächlich egal, dass künftige Arbeitgeber, Versicherer und Kreditinstitute diese Daten berücksichtigen werden bei Ihrer Jobbewerbung, der Darlehensvergabe oder der Höhe der Versicherungspolice, z.B. bei BU-Versicherungen? Und daß auch noch vielfältige andere Möglichkeiten bestehen, diese Daten auf eine Weise zu nutzen, die nicht in Ihrem Sinne sein könnten?

3. Ist Ihnen bekannt, dass bereits jetzt (Stand Dezember 2023) Deutschland mit knapp 154 Millionen gehackten Patientenakten die USA (152 Millionen) überholt hat und damit weltweit auf Platz 1 steht?

4. Sagt Ihnen das Prinzip “Collect & Harvest”, auch bekannt unter dem Begriff “Store now, decrypt later”, in Bezug auf Passwortschutz etwas? In Fachkreisen wird davon ausgegangen, dass voraussichtlich spätestens 2027 der Schutz durch Datenverschlüsselung Geschichte sein wird und alle jetzt gesammelten verschlüsselten Daten entschlüsselt und “geerntet” werden.

Mit der aktuell beschlossenen Opt-Out-Regelung haben Sie nur vor der Erfassung Ihrer Daten die Möglichkeit, dem zu widersprechen. Alle bereits erfassten Daten gelten als “Datenspende” (dies ist tatsächlich ein gängiger Begriff in der Gesundheitspolitik geworden). Sie werden hierbei nicht gefragt, Ihr Einverständnis wird stillschweigend vorausgesetzt! D.h., wenn Sie nicht damit einverstanden sein sollten, müssen Sie sich aktiv um den Widerspruch (“Opt-Out”) bemühen.

Hierzu noch ein paar Erläuterungen des Justiziars des Deutschen Psychotherapeuten-Netzwerkes, Dirk Wachendorf:

“…Heute (15.12.2023) hat der Deutsche Bundestag den Gesetzentwurf „zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (Digital-Gesetz – DigiG) angenommen. Das Digitalgesetz sieht vor, dass Anfang 2025 die elektronische Patientenakte mit Opt-out (Widerspruchsmöglichkeit der Patienten) für alle gesetzlich Versicherten verbindlich eingerichtet wird. Darüber hinaus wurde ein Gesetzentwurf „zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten“ (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG) verabschiedet.

Doch bereits am Mittwoch zuvor hat das Europäische Parlament verkündet, dass man ein Gesetz zur europäischen ePA beschließen will – aber ohne (lästige) Widerspruchsrechte.

In der 50. Kalenderwoche des Jahres 2023 wurden zuerst auf europäischer Ebene Regelungen für den EHDS getroffen im Rahmen dieser Regelungen, die noch durch entsprechende Gesetze auf europäischer Ebene ausgestaltet werden müssen, wurde nunmehr festgehalten, dass Patientendaten, die durch eine elektronische Patientenakte erfasst werden, in den EHDS eingestellt werden sollen. Im Rahmen dieser Regelung wurde erreicht, dass die Patienten grundsätzlich der Erfassung der Daten und der daraus folgenden Einstellung dieser Daten in den EHDS widersprechen können. Allerdings wurde nicht geregelt, dass Patienten der weiteren Nutzung sowohl durch Ärzte, Forschung oder Industrie der einmal eingestellten Daten widersprechen können.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass dem Patienten nur die Möglichkeit bleibt, im Vorfeld der Erfassung der Daten zu widersprechen und zwar im Rahmen des opt out. Wenn die Daten einmal auf europäischer Ebene erfasst sind, also der opt out nicht ausgeübt wurde, so kann dann im Nachgang offensichtlich nicht mehr der weiteren Nutzung widersprochen werden. Hierzu sollen noch gesonderte Regelungen auf europäischer Ebene getroffen werden. Die Nutzungsrechte der Patientendaten gehen daher mindestens weiter als nach den deutschen Digitalgesetzen vorgesehen. Auf deutscher Ebene soll dem Patienten auch ein Recht eingeräumt werden nach Erfassung der entsprechenden Daten, deren weiterer Nutzung im Einzelnen feingranular zu widersprechen.

Im Nachgang zu dem Beschluss des europäischen Parlaments wurden durch den deutschen Bundestag, die Digitalgesetze sowohl zur verpflichtenden Nutzung des elektronischen Rezeptes ab 2024 als auch zur Einführung der elektronischen Patientenakte im Verfahren, opt out zum Beginn des Jahres 2025, wie auch das Gesetz zur Nutzung von Gesundheitsdaten beschlossen.

Dabei wurden die bisherigen Gesetzesentwürfe noch kurzfristig verändert.
So sollen nach dem nunmehr abgeänderten § 345 Abs 3 SGB V Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten die Patienten bei der Befüllung der elektronischen Patientenakte unterstützen. Im vorherigen Entwurf war lediglich vorgesehen, dass eine solche Unterstützung nur auf Verlangen des Patienten und nur im Zusammenhang mit dem aktuellen Behandlung Kontext erfolgen soll. Mit anderen Worten ist nunmehr der Leistungserbringer verpflichtet Patienten umfänglich bei der erstmaligen Befüllung der Patientenakte zu unterstützen und somit die Daten einzupflegen……”

Zu Ihrer Information, was meine Praxis betrifft:
Ich führe weiterhin eine handschriftliche Patientenakte und nehme nicht an der sog. “Telematikinfrastruktur” teil. Hierfür werde ich mit einer Umsatzstrafe belegt. Auf diese Weise gelangt Ihre hiesige therapeutische Dokumentation nicht ins Internet.